„Vor dem Tod muss man keine Angst haben.“ – Stolz berichteten die Viertklässler ihren Eltern, was sie an fünf Vormittagen erlebt und erfahren hatten. Da wurde gesungen, „Themen-Koffer“ wurden ausgepackt, selbst gemalte Bilder gezeigt und Plakate in Wolkenform. Auf Letzteren waren Ängste und Sorgen notiert, aber auch Wünsche und schöne Erlebnisse. Zum Schluss führten die Kinder den sogenannten „Entlastungstanz“ vor; erst mit einem imaginären Sack auf den Schultern, später von dem Gepäck befreit und fröhlich, wie bei einer Polonaise.
Rüstzeug für schwere Zeiten an die Hand geben
„Wir möchten den Kindern ein Rüstzeug an die Hand geben für schwere Zeiten und Abschiede“, erläutert Susanne Bordewick vom DiakonieVerband Brackwede das Ziel der Projektwoche. Als hauptberufliche Koordinatorin der „Hospizarbeit im Bielefelder Süden“ steuert sie die Arbeit der Ehrenamtlichen. Kräfte aus der eigenen Hospizarbeit wirken ebenso mit wie Teilnehmende vom Hospiz e.V. Bethel und der Hospizarbeit im Evangelischen Johanneswerk.
„Wie ist das mit dem Tod?“
Behutsam tasteten sich die Teilnehmer*innen an die schwierigeren Themen heran. So ging es zunächst um die Vergänglichkeit in der Natur. Am zweiten Tag besuchte eine Ärztin die Klasse. Sachlich beantwortete sie alle Fragen zu Krankheit und Leid. Tag drei handelte von „Tod und Sterben“. Als hilfreich erwies sich der Beitrag „Wie ist das mit dem Tod?“ aus der Filmreihe „Willi wills wissen“. Er lässt sich auch auf Youtube ansehen. In dem Film wird auf pietätvolle Weise ein Verstorbener gezeigt und ein Gespräch mit einem älteren Herrn geführt, der bald sterben wird und keine Angst vor dem Tod hat.
Fragen zum Jenseits besprochen
Immer wieder ging es auch darum, Fragen zum Leben und zum Jenseits zu beantworten. Aus christlicher Sicht, aber auch aus der Perspektive anderer Religionen. „Die Kinder sind so wissbegierig und gehen ohne Vorurteile an heikle Themen heran“, freute sich eine der Ehrenamtlichen.
Das Thema Sterben und Tod wird meistens präventiv behandelt, wie Susanne Bordewick erläutert. Doch es gibt Ausnahmen: „Falls einzelne Kinder sich nicht gut fühlen – zum Beispiel weil sie selbst schon Trauer-Erfahrungen gemacht haben –, können sie jederzeit unter vier Augen mit uns sprechen“, so die Koordinatorin. „Die Kinder haben ja das Recht, traurig zu sein und Gefühle zu zeigen. Und es hilft, darüber zu reden.“
Zwei Ehrenamtliche sind schon seit zehn Jahren dabei
Für das Projekt „Hospiz macht Schule“ wurden alle Ehrenamtlichen speziell ausgebildet. So wie Nina Ross und Roswitha Schwarz, die zu den Freiwilligen der ersten Stunde zählen. Schon vor zehn Jahren, im April 2013, hatten sie in der Martinschule in Gadderbaum ihre „Feuertaufe“ bestanden. Anne-Kathrin Schmidt und Stefan Thron dagegen nahmen in Ummeln erstmals an einer Projektwoche teil.
Voraussetzung für alle Ehrenamtlichen ist, dass sie einen Befähigungskurs zur ehrenamtlichen Sterbebegleitung absolviert haben. Hinzu kommt eine Fortbildung zum Thema „Hospiz macht Schule“ beziehungsweise zum Umgang mit Sterben und Tod bei Kindern.
„Ich fand die ganze Woche richtig schön!“
Am Ende der Projektwoche konnte jedes Kind seine Meinung äußern. Immer wieder hieß es: „Ich fand die ganze Woche richtig schön!“ Klassenlehrerin Pia Freudenau gefiel, „dass wir eine ganze Woche Zeit hatten, uns auf ein einziges Thema zu fokussieren.“ Susanne Bordewick schloss mit den Worten: „Ihr habt jetzt tolle Ideen im Gepäck, was man in schwierigen Zeiten machen und wie man andere trösten kann.“ Die Ehrenamtlichen wiederum lobten: „Was für tolle Kinder! Und klasse, dass auch so viele Eltern gekommen sind.“
Sich gesellschaftlich tabuisierten Themen stellen
„Unsere ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitenden stellen sich gesellschaftlich tabuisierten Themen wie ‚Sterben, Tod und Trauer‘“, erklärt dazu Benjamin Varnholt, Geschäftsbereichsleitung Beratung beim DiakonieVerband Brackwede. „Sie laden Kinder im Grundschulalter empathisch, mit großer Begeisterung und hilfreichen Tools ein, sich mit diesen Themen zu beschäftigen. Da Menschen in unserer Gesellschaft aus der Perspektive von Kindern oft im Verborgenen sterben und ihnen kaum Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit ‚Sterben, Tod und Trauer‘ eingeräumt werden, stellt ‚Hospiz macht Schule‘ ein wichtiges Angebot und eine große Chance dar, um Kindern eine begleitete Annäherung zu ermöglichen. Auch diese wichtige Arbeit ist auf Spenden angewiesen.“
Auch weiterführende Schulen können teilnehmen
„Hospiz macht Schule“ wird bundesweit angeboten und über die Bundes-Hospiz-Akademie gGmbH durchgeführt. Das Projekt trägt sich hauptsächlich durch Spenden. Die erste interne Schulung in Bielefeld wurde von der Junker-Stiftung finanziert.
14 Freiwillige zählt das Gemeinschaftsprojekt „Bielefelder Hospizdienste“ zurzeit. Die Projektwoche in Ummeln war bereits die 27. ihrer Art seit dem Start in Bielefeld vor zehn Jahren. Drei bis vier Projektwochen sind hier pro Jahr realisierbar.
Eigentlich ist „Hospiz macht Schule“ für dritte und vierte Grundschulklassen konzipiert, aber es gibt auch Projekttage für weiterführende Schule und Berufsschulen.
„Schulen bzw. Klassen können sich ganz unkompliziert bei uns anmelden, telefonisch oder per E-Mail“, erklärt Susanne Bordewick von der „Hospizarbeit im Bielefelder Süden“. Letztere ist christlich geprägt, aber sie begleitet Menschen unabhängig von deren religiöser Einstellung und Nationalität.
Kontakt: Susanne Bordewick, Koordinatorin, Hospizarbeit im Bielefelder Süden, Auf der Schanze 6, 33647 Bielefeld-Brackwede, Telefon 0521 94 239 269, susanne.bordewick@diakonie-bielefeld.de
Das Spendenkonto für „Hospiz macht Schule“:
DiakonieVerband Brackwede
BIC: SPBIDE3BXXX
IBAN: DE88480501610050035666
Stichwort: „Spende Hospizarbeit“