Buy now – Inkasso später

Sandra Fuest ist im Kreis Warendorf tätig und leitet dort die Schuldner- & Insolvenzberatung der Diakonie am Standort Beckum. Sie erlebt, dass immer mehr Menschen in die offene Sprechstunde kommen: Waren es in 2023 pro Monat noch 30 Personen, so sind es Stand Ende Mai 2024 im Schnitt 40 Personen, die die Beraterinnen in der offenen Sprechstunde im Kreis Warendorf aufsuchen.

Martin Hain leitet die Schuldner- und Insolvenzberatung in Gütersloh und Bielefeld-Brackwede. Er macht eine ähnliche Beobachtung wie seine Kollegin Fuest: In Gütersloh stieg die Zahl von im Durchschnitt 25 Personen in 2023 auf 28 neue Ratsuchende pro Monat in 2024.

Schuldner- und Insolvenzberatung von DeineDiakonie für mehr Prävention und Aufklärung

„Finanzielle Allgemeinbildung von klein auf!“, fordert Christa Birkner, Schuldner- und Insolvenzberaterin von DeineDiakonie in Ahlen und Beckum. „In einer auf Konsum ausgerichteten Welt muss der Umgang mit Geld, Handy und speziell Online-Käufen gelernt werden“, so Birkner. Als Positivbeispiel nennt sie die Stadt Ahlen, die sich für Prävention auf dem Gebiet stark macht. Dort ist Birkner regelmäßig in den Schulen unterwegs und klärt junge Menschen auf, wie sie den Überblick über ihre Finanzen behalten. So könne verhindert werden, dass aus „Buy Now, Pay Later“ schon in jungen Jahren ein unübersichtlicher Schuldenberg wird.

Die diesjährige Aktionswoche der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) nimmt vor allem „Buy Now, Pay Later“-Angebote ins Visier. „Buy now – Inkasso später“ lautet daher das Motto vom 10. bis 14. Juni. Sandra Fuest, Leitung der Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie im Kreis Warendorf, sagt: „Viele, auch junge Menschen, unterschätzen das Risiko, das von Angeboten ausgeht, jetzt etwas im Internet zu bestellen und es später zu bezahlen. Da kann man schon schnell den Überblick über Ausgaben und Zahlungsziele verlieren.“

Für betroffene Haushalte – darunter seien auch viele junge Menschen – sei es wichtig, wieder Klarheit über die finanzielle Situation zu bekommen und eine gute Budgetplanung zu erstellen. „Das ist kein einfacher Weg. Und in vielen Fällen muss es erst gar nicht so weit kommen, wenn wir auf Prävention in den Schulen setzen“, ist sich Christa Birkner sicher. Bereits seit September 2021 ist sie für die Stadt Ahlen in weiterführenden Schulen unterwegs und betreibt dort Schuldenpräventionsarbeit. Dort organisiert sie beispielsweise ganztägige Projekttage in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Finanzkompetenz NRW. Themen, die die Schülerinnen und Schüler bewegen sind neben dem Umgang mit (Taschen-)Geld auch Verträge, z.B. für ein Handy, allgemeine Kaufverträge, Onlineshopping oder Kosten, die eine eigene Wohnung mit sich bringt. „Sowohl Lehrerinnen und Lehrer als auch die Schülerinnen und Schüler sind sehr dankbar für dieses Angebot und die Praxisrelevanz“, erklärt Birkner.

Prävention und Transparenz gefordert
Christa Birkner und ihre Kollegin Sandra Fuest fordern neben Präventionsmaßnahmen mehr Transparenz bei „Buy Now, Pay Later“-Angeboten. Mit den vielen verschiedenen Finanzierungs- und Zahlungsmöglichkeiten der Anbieter verschwimme für die Käuferinnen und Käufer die Grenze zwischen Rechnungskauf und Ratenfinanzierung. Die Zahlung laufe dann häufig über Drittanbieter, bei denen mit dem Kauf unter Umständen sogar ein Kredit abgeschlossen werde. „Das wird im Kaufprozess nicht klar kommuniziert“, so der Hauptkritikpunkt von Sandra Fuest und ihrem Team. Auch Angaben zu anfallenden Zinsen und Gebühren gebe es häufig nicht. Transparenz bei Zinsen und Kosten im Zusammenhang mit solchen Geschäften dürften nicht im Kleingedruckten stehen, sie müssten für alle verständlich unmittelbar vor dem Bezahlprozess erfolgen. „Da muss der Gesetzgeber tätig werden“, ergänzt Sandra Fuest.

Und wenn – unter anderem durch „Buy Now, Pay Later“-Angebote – Menschen in die Verschuldung geraten seien, müssten sie einen Zugang zur Schuldnerberatung haben. Dieser sei deutschlandweit sehr uneinheitlich. „Daher fordern wir einen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung für alle“, so Fuest weiter. Zudem müsse es eine dauerhaft institutionell abgesicherte primäre Präventionsarbeit geben. Fuest verweist als Positivbeispiel auf die Schulden-Präventionsarbeit in Schulen der Stadt Ahlen. „Vorbeugen ist hier besser als heilen, es erspart vielen Menschen die drohende Armut. Und wenn Menschen in diese Situation kommen, muss vor allem Soziale Schuldnerberatung gestärkt werden. Sie verfolgt einen ganzheitlichen Beratungsansatz und unterstützt Überschuldete bei ihrer wirtschaftlichen und psychosozialen Stabilisierung. Ein auch volkswirtschaftlich messbarer Mehrwert“, betont Fuest.

Schuldnerberatung für die Bürger:innen aus dem Kreis Gütersloh:
Gütersloh, Kirchstraße 10a
Tel. 05241 9867-3130
Offene Sprechstunde in Gütersloh: mittwochs von 10 bis 12 Uhr

Rheda-Wiedenbrück, Hauptstr. 90
05242 93117-3120

Verl, Bahnhofstr. 11a
Tel. 05241 9867-3140

Schuldnerberatung für die Bürger:innen aus dem Kreis Warendorf:
Ahlen, Westenmauer 10
Tel. 02382 59274
Offene Sprechstunde in Ahlen: donnerstags von 13 bis 15 Uhr

Beckum, Nordwall 40
Tel. 02521 8702-3100
Offene Sprechstunde in Beckum: mittwochs von 9 bis 11 Uhr

Schuldnerberatung für Bürgerinnen und Bürger aus Bielefeld
Kirchweg 10, Tel. 0521 94 23 9-110.

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